Claudia Raffelhüschen zum Bundeshaushalt 2025

Claudia Raffelhüschen
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Auf den ersten Blick klingt es wie eine gute Nachricht: Der Etat des Familienministeriums steigt für 2025 um fast 1,5 Milliarden Euro auf gut 14,4 Milliarden Euro. Das ist, vor allem in Zeiten der wirtschaftlichen Flaute, keine Selbstverständlichkeit; denn das Geld muss zunächst erst einmal irgendwo erwirtschaftet werden. Eine noch höhere Verschuldung ist jedenfalls keine Lösung. Das sieht nicht nur der Finanzminister so, sondern auch das Verfassungsgericht und unser aller Grundgesetz, das wir gerade erst ausgiebig zu seinem 75. Geburtstag gefeiert haben.

Der Löwenanteil des Aufwuchses im Einzelplan 17 kommt durch die Erhöhung des Kinderzuschlags um 955 Millionen Euro zustande, und hierzu gibt es mindestens zwei Wahrheiten: Einerseits ist es großartig, dass wir es uns als Staat leisten können und auch leisten wollen, benachteiligte Kinder und ihre Familien besonders zu unterstützen. Andererseits bedeutet die nochmals gestiegene Inanspruchnahme dieser Leistung aber eben auch, dass viel zu viele Familien auf die Hilfe der Solidargemeinschaft angewiesen sind und es nicht aus eigener Kraft schaffen, ihren Kindern eine gute und wirtschaftlich stabile Existenz zu bieten. Diese Vorstellung entsetzt mich als Mutter sehr, und ich ziehe den Hut vor allen Eltern, ganz besonders vor alleinerziehenden Müttern, die täglich dafür kämpfen, dass es ihren Kindern einmal besser geht.

Als Volkswirtin und FDP-Berichterstatterin für den Einzelplan 11, also Arbeit und Soziales, weiß ich allerdings auch, dass wir uns seit Jahren einen viel zu aufgeblähten Sozialstaat leisten und dass längst nicht alle Mittel wirksam und zielgerichtet eingesetzt werden.

Auch im Einzelplan 17 müssten wir uns für meinen Geschmack noch stärker fragen, welche Leistungen und Programme wirklich einen Mehrwert für die Empfänger haben und an welchen Stellen der Nutzen minimal oder sogar kontraproduktiv ist. Nicht immer ist die Einmischung des Staates - auch wenn sie noch so hehre Ziele verfolgt - sinnvoll oder überhaupt akzeptabel. Wenn ich mir zum Beispiel anschaue, dass die Demokratieförderung seit Jahren einer der größten Titel im Programmhaushalt des Familienministeriums ist, finde ich den Jubel über das Hamas-Massaker vom 7. Oktober auf deutschen Straßen noch unerträglicher.

Es gibt zwar umfangreiche Evaluationen der Demokratieförderprojekte - und ich weiß, dass das Ministerium seine Zuwendungsempfänger selbstverständlich genau auf antisemitische Haltungen hin überprüft -,dennoch hätte ich gerade von diesen Zuwendungsempfängern erwartet, dass sie sich ganz klar gegen Israel-Feindlichkeit positionieren, und zwar nicht erst - wenn überhaupt - auf Nachfrage, sondern aus eigenem Antrieb und genauso laut und deutlich, wie sie sich an anderer Stelle gegen Islamfeindlichkeit einsetzen.

Wenn es uns wirklich um unsere Demokratie geht, dürfen wir hier keine unterschiedlichen Maßstäbe anlegen. Toleranz ist eben keine Einbahnstraße.

Ganz besonders freue mich darüber, dass die Mittel für den Kinder- und Jugendplan auf gleichem Niveau fortgeschrieben werden konnten. Es muss natürlich in unser aller Interesse sein, Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung und Ausbildung nach besten Kräften zu unterstützen. Und hier leisten viele Verbände seit Jahren hervorragende Arbeit, die mit vergleichsweise geringen Geldbeträgen im Leben der Kinder und Jugendlichen einen großen Unterschied macht.

Gleichwohl sollten wir gerade im Bereich der schulischen und vorschulischen Bildung darauf achten, dass sich unsere Länder - die ja die verfassungsgemäß Zuständigen sind - hier keinen schlanken Fuß machen und aus der Verantwortung stehlen.

Seit Jahren finanziert der Bund beispielsweise den Ausbau der Ganztagsbetreuung und der Kitas mit Summen in zweistelliger Milliardenhöhe. Fortschritte sind definitiv erkennbar. Dennoch dürfte man - gemessen am Einsatz des Bundes - deutlich mehr von den Ländern erwarten: mehr finanzielles Engagement, mehr Kitaqualität statt Beitragsfreiheit und vielleicht auch etwas mehr Pragmatismus.

Weniger Bürokratie, mehr Praxisnähe und endlich eine Ausbildungsvergütung in allen Ländern - damit wäre Erziehern wie Kindern mehr geholfen als mit immer akademischeren Ausbildungen und Digitalisierung.

Ich danke Ihnen.

Quelle: Claudia Raffelhüschen


Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Schon zum vierten und letzten Mal beraten wir in dieser Legislatur einen Bundeshaushalt. Für mich persönlich - und wahrscheinlich nicht nur für mich - eine wahnsinnig intensive, herausfordernde und spannende Zeit. Weltpolitisch haben sich die Ereignisse in diesen drei Jahren regelrecht überschlagen. Aber mit Blick auf den Haushalt stelle ich fest, dass die meisten Themen und Entwicklungen nicht neu sind, sondern sich im Gegenteil höchstens weiter zuspitzen.

Viele Aufgaben für uns Haushälter - und natürlich für die Bundesregierung - bleiben bestehen, auch wenn sie anstrengend sind. Die Konjunktur beschert uns weiterhin keine sprudelnden Einnahmen, die Schuldenbremse steht - aus meiner Sicht Gott sei Dank - weiterhin im Grundgesetz und das Bundesverfassungsgericht achtet selbstverständlich ganz genau darauf, dass wir einen soliden und rechtmäßigen Haushalt aufstellen.

Für den Etat des BMZ kann man einmal mehr sagen, dass unsere Ministerin Svenja Schulze einen ausgewogenen Regierungsentwurf vorgelegt hat, auch wenn das mit der Sparvorgabe von knapp 1 Milliarde Euro wirklich kein leichtes Unterfangen war. Den Unmut darüber, mit weniger Geld auskommen zu müssen, während die Aufgaben keineswegs weniger werden, können wir, denke ich, alle sehr gut verstehen.

Nicht nachvollziehen kann ich allerdings die vielen Stellungnahmen von NGOs und Medien zur „unverantwortlichen“ und „überproportionalen“ Kürzung des deutschen Entwicklungsetats und den angeblich vorprogrammierten katastrophalen Konsequenzen weltweit.

Erstens liegt der Einzelplan 23 mit jetzt 10,28 Milliarden Euro immer noch über dem Niveau von 2019. Und ich bin ganz sicher, dass das BMZ mit seinen Durchführungsorganisationen auch mit diesen 10,28 Milliarden Euro eine hervorragende Entwicklungszusammenarbeit leisten wird.

Zweitens gehört zur Wahrheit auch, dass die erheblichen Steigerungen seit 2020 durch Sondermittel, zum Beispiel aus Corona-Nachtragshaushalten, zustande kamen. Wenn man nun also die Nichtverstetigung solcher Sondermittel als Kürzungen bezeichnet, ist das fachlich falsch und moralisch mindestens fragwürdig.

Und drittens bleibt Deutschland in der internationalen Zusammenarbeit immer noch zweitgrößter Geber in absoluten Zahlen. Im Ranking der ODA-Quoten wiederum liegen nur Norwegen, Luxemburg und Schweden vor Deutschland, und die Quote der USA erreicht übrigens weniger als ein Drittel der deutschen.

Dass es in der Außen- und Entwicklungspolitik aber nicht allein um finanzielle Ressourcen, sondern auch um politische Entscheidungen und Handlungen geht, sehen wir seit dem 7. Oktober vor allem an der Situation in Nahost und dem fürchterlichen Leiden, das der Angriff der Hamas auf allen Seiten ausgelöst hat. Zwar haben wir zuletzt im § 8a des Haushaltsgesetzes nochmals verankert, dass keine deutschen Steuergelder an Organisationen gehen dürfen, die terroristische Zwecke unterstützen; und ich bin weiterhin dankbar für die klaren und prompten Äußerungen von Ministerin Schulze hierzu.

Dennoch bleibt nicht nur bei mir das ungute Gefühl, dass die Untersuchungen der Bundesregierung und die Betroffenheit des Auswärtigen Amtes nicht ausreichen.

Die UNRWA selbst musste inzwischen neun Mitarbeiter als höchstwahrscheinlich am Hamas-Attentat Beteiligte entlassen. Die Gespräche mit UNRWA-Generalkommissar Lazzarini und anderen Verantwortlichen haben viele von uns Abgeordneten als geradezu unerträgliche Verharmlosung der Hamas und perfide Täter-Opfer-Umkehr empfunden.

Diese Haltung ist kein Einzelfall. Das bestätigen zahlreiche Analysen und Umfragen, so zum Beispiel Ende November von der Konrad-Adenauer-Stiftung. Demnach kann sich die Hamas weiterhin auf eine breite Zustimmung in Gaza und im Westjordanland stützen, und die Schuld an Kriegsverbrechen wird quasi ausschließlich bei den Israelis gesehen - nicht bei denjenigen, die am 7. Oktober unglaubliche Gräueltaten an Frauen und Kindern begingen.

Hier sollten wir ernsthaft überdenken, welche Maßstäbe wir im Bereich Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe anlegen, und das nicht nur an unser Tun, sondern auch an das der Empfänger und anderer westlicher Länder.

Vielen Dank.

Quelle: Claudia Raffelhüschen


Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

In den vergangenen Wochen haben wir uns also intensiv in den Regierungsentwurf einarbeiten können, und eines fällt sofort auf: Mit einem Volumen von fast 180 Milliarden Euro bleibt dieser Etat das Dickschiff im Bundeshaushalt. Zwar schrumpft dieser Einzelplan 2025 im Vergleich zum laufenden Haushaltsjahr um 100 Millionen Euro. Jedoch ist das nicht auf die Umsetzung dringend notwendiger Reformen zurückzuführen, sondern fast ausschließlich auf Verlagerungen aus der Steuer- in die Beitragsfinanzierung.

Ich denke, in der Ampel wird es in den kommenden Wochen noch viel zu diskutieren geben. Für mich gibt es dabei drei besondere Knackpunkte.

Der erste Punkt betrifft den Eingliederungstitel. Mit insgesamt 9,3 Milliarden Euro liegt das Gesamtbudget SGB II sogar um 600 Millionen Euro über dem aktuellen Finanzplan. Trotzdem wird von Gewerkschaften, Sozialverbänden und Jobcentern schon massive Kritik geübt, es sei zu wenig Geld vorhanden und im Vergleich zum vergangenen Jahr stark gekürzt worden. Auch aus dem BMAS haben wir schon den Wunsch vernommen, dass im parlamentarischen Verfahren zusätzliche Gelder zur Verfügung gestellt werden müssen. Ich frage mich daher: Wieso wurden diese Gelder dann nicht sachgerecht und ordnungsgemäß veranschlagt? Da wir diese Diskussion jedes Jahr aufs Neue führen, hätte ich eine Idee: Wieso koppeln wir die Eingliederungsausgaben nicht einfach an die Arbeitsmarktsituation und schaffen somit Klarheit durch Indexierung? Das würde nicht nur die Effizienz und Flexibilität der Mittelverwendung erheblich verbessern, sondern auch zu einer nachhaltigeren und verantwortungsvolleren Budgetplanung führen.

Zweitens, die Rente. Dass unser Rentensystem in maximale Schieflage geraten ist, dürfte mittlerweile jedem klar sein. Unser eigentlich umlagefinanziertes System muss durch Steuern gestützt werden, und zwar laut Regierungsentwurf im kommenden Haushaltsjahr mit utopischen 115,8 Milliarden Euro. Das sind fast 65 Prozent des gesamten Arbeits- und Sozialetats. Der Regierungsentwurf sieht nun vor, dass der zusätzliche Bundeszuschuss bis 2027 um 2 Milliarden Euro gemindert werden soll. Das hört sich zwar zunächst nach Konsolidierung an, ist aber eine weitere Verschärfung der ungerechtfertigten Finanzierung versicherungsfremder Leistungen, wie unter anderem der Rente mit 63. Ohne eine Reform der versicherungsfremden Leistungen und Vorruhestandsregelungen wird sich die Belastung der Beitragszahler aber deutlich erhöhen. Das wäre absolut unfair für unsere Kinder und Enkelkinder und damit generationenungerecht. Folgerichtig wäre doch, das Problem an der Wurzel zu packen und beispielsweise die Abschläge beim Vorruhestand zu erhöhen. Das schaffte nicht nur finanzielle Puffer, sondern auch Arbeitsanreize.

Drittens, das Bürgergeld. Im Regierungsentwurf werden dafür 36 Milliarden Euro veranschlagt, davon 25 Milliarden Euro für das Bürgergeld und 11 Milliarden Euro für die Beteiligung des Bundes an Leistungen für Heizung und Unterkunft. Schon im vergangenen Jahr wurde sich bei der Haushaltsaufstellung hier massiv verschätzt, und dieser Fehler musste durch einen milliardenschweren Nachtrag korrigiert werden. Wir können also nur hoffen, dass es sich bei den aktuellen Ansätzen um realistisch veranschlagte Summen handelt, die am Ende des kommenden Jahres nicht wieder Nachträge erfordern. Außerdem ist auch die Ankündigung einer Nullrunde beim Bürgergeld richtig; denn die Erhöhung zum Jahresbeginn lag deutlich über der tatsächlichen Inflation.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin davon überzeugt, dass wir unbedingt Einsparungen brauchen, gerade auch im Sozialbereich, und zwar nicht, weil ich Menschen, die eh schon nichts haben, etwas wegnehmen will, sondern weil unsere Sozialsysteme marode und komplett ineffizient geworden sind. Tricksereien wie etwa die viel zu geringe Veranschlagung beim Bürgergeld - ich bedauere wirklich, dass ich das hier so klar sagen muss - sind Wasser auf die Mühlen von rechts und links.

Was es nun braucht, sind nachhaltige und mutige Reformen und kein Rentenpaket II in der jetzt vorliegenden Fassung, dem ich so als Liberale und Mutter von drei Kindern niemals zustimmen könnte. Wir müssen also im Einzelplan 11 über die Prioritäten ins Gespräch kommen. Das bedeutet zum einen eine realistische Veranschlagung der großen Ausgabetitel, also Rente, Bürgergeld und Eingliederung, aber eben auch Änderungen an den zugrunde liegenden Gesetzen. Bei der Rente müssen wir uns über die Zukunft der versicherungsfremden Leistungen unterhalten, und beim Bürgergeld muss das grundlegende Prinzip des Förderns und Forderns wieder mehr in den Mittelpunkt gerückt werden. Stärken und belohnen wir die Hilfe zur Selbsthilfe, das zentrale Anliegen unseres Sozialstaats, dann sind die Anreize richtig gesetzt. Nur so tragen wir dem gesellschaftlichen Gerechtigkeitsgefühl wieder Rechnung und sind fair im Hinblick auf unsere nachfolgenden Generationen.

Ich danke Ihnen.

Quelle: Claudia Raffelhüschen